Frau Klein
Autorin
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Da lag er nun. Nach beinahe zwanzig Jahren Ehe war er nicht mal mehr in der Lage mit mir zu streiten. Blass und mit aufgerissenen Augen lag er auf dem neuen, alten Stuhl, den ich ihm noch zum Vatertag besorgt hatte. Steif wie ein Brett. Das Gesicht an einigen Stellen unnatürlich gerö-
tet und tot. Einfach tot.

Ein Wort hatte das andere gegeben, und als ich gerade Luft holen wollte, um ihm seine
Verfehlungen der letzten Jahre in geballter Form um die Ohren zu hauen, macht der
Kerl einfach schlapp. Stiehlt sich davon, das Arschloch. Nicht mal meine Genugtuung
wollte er mir geben.Dabei hatte ich ihn immer gewarnt. Immer und immer wieder hatte ich ihm das Szenario vor Augen geführt, dass ihn erwarten würde, wenn er das tat, was im Endeffekt
hier und heute zu seinem Ende geführt hatte.
Aber nicht einmal das hatte er mir gegönnt. Meine Rache, meine Genugtuung.
Nicht einmal so viel Achtung hatte er vor mir, dass er mir wenigstens das wenige lassen konnte. Nein. Der Idiot holte einfach tief Luft, kippte um und war mausetot.

„Das würde mir doch keiner glauben“, war mein erster Gedanke, als ich realisierte,
was gerade geschehen war. Mit weichen Knien setzte ich mich auf die Couch, nahm
meinen Weißwein und nippte daran. Angewidert verzog ich das Gesicht. „Warme Plör-
re.“ Also stellte ich das Glas wieder ab und besah mir stattdessen meinen Gatten
etwas genauer. Es war zu heiß, um ihn dort liegen zu lassen, dachte ich mir. Aber
allein konnte ich ihn nicht …

Roswitha. Roswitha wusste immer was zu tun war. Allerdings konnte ich nur hoffen,
dass sie nicht auf die geniale Idee kam, den Notarzt zu rufen. Dazu war es schließ-
lich schon zu spät. Wie um sicher zu gehen, dass er tatsächlich tot war, ging ich
rückwärts – ihn immer beobachtend – zum Telefon. Nur einen Augenblick wandte ich
mich ab, um nach dem Hörer zu greifen. Als ich mich wieder zu ihm drehte, war ich mir
nicht mehr sicher. Hatte er sich nicht doch vielleicht einen kleinen Zentimeter
bewegt? Nein. Mein Olle lag genauso da, wie eine Sekunde vorher.
„Ja?“
„Hast Du noch den großen Spaten?“ Ich konnte selbst nicht glauben, dass ich das
fragte.
„Ja.“
„Könntest Du ihn mir kurz rüber bringen?“
Ob es an meiner Stimme lag oder an der Art und Weise, wie ich das Wort Spaten ausge-
sprochen hatte. Roswitha stand keine zwei Minuten später neben mir. Ohne Spaten.
Dafür um so fassungsloser.

„Und?“ Sie sah mich von der Seite an.
„Umgekippt. Kapitaler Ehekrach und bums.“
Roswitha nickte, trat vorsichtig an ihn
heran, tippte auf seine Brust, was zur Folge hatte, dass seine Hand – die bisher
darauf gelegen hatte – herunterrutschte. Sie erschrak und trat zurück.
„Und nun?“
Ich zuckte mit den Schultern.
„Keine Ahnung. Bestatter?“
„Ohne Totenschein kommt der nicht.“
„Und den bekomm ich nur vom Notarzt und der kommt mir nicht ins Haus.“
Trotzig
verschränkte ich die Arme vor der Brust.
„Ich gerate doch sofort unter Verdacht.“
„Warum?“
„Weil ich seit zwanzig Jahren mit ihm verheiratet bin und ihm jeden Morgen seine
Scheiß Herzpillen in den Rachen geworfen hab … Und außerdem die einzige Person bin,
die wusste, dass seine Herzklappe nicht mehr lange mitmacht?“ Sie nickte verstän-
dig.
„Dann geht das nicht.“
Ich nickte.
„Ne, geht nicht.“
Roswitha schob die Hände in die Taschen ihrer Shorts. Ich hörte den Schlüssel, mit
dem sie unsere Haustür geöffnet haben musste, klimpern. Sie musste allein her-
eingekommen sein. Ich jedenfalls konnte mich nicht erinnern sie hereingelassen zu
haben.
„Gläser?“
„Küchenschrank.“ Sie machte mit einem letzten Blick auf ihn kehrt, ging in die
Küche, nahm Gläser aus dem Schrank und bückte sich, damit sie an meine Weinvorrä-
te kam.
„Flaschenöffner?“


Ende der Demoversion!
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